Musik will erlebt werden. Aber Kinder bekommen heutzutage immer weniger die Chance, insbesondere die klassische Musik – integraler Bestandteil der europäischen Kultur und Identität kennenzulernen und zu entdecken. An Schulen finden solche Konzerte kaum statt. Die Neue Philharmonie MV wird das jetzt ändern – mit einem einzigartigen Vorhaben.
Premiere der Grundschulkonzerte ist am 26. August in Pasewalk
Es ist ein weiteres Pilot-Großprojekt, dass die Neue Philharmonie MV mit Sitz in Neubrandenburg Ende August 2021 in Angriff nehmen will. In den kommenden Jahren wird das Sinfonieorchester unter der Leitung von Chefdirigent Andreas Schulz eine umfassende Reihe von Kinderkonzerten in Mecklenburg-Vorpommern präsentieren. Ziel dieser vom Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur Mecklenburg-Vorpommern geförderten Bildungsveranstaltung im Rahmen des Musikunterrichts ist es, dass jedes Grundschulkind in Mecklenburg-Vorpommern einmal in den Genuss eines hochwertigen Klassikkonzertes kommen soll. Und zwar nicht an den bewährten Orchester-Spielstätten in Berlin, Hamburg oder Neubrandenburg. Sondern die Neue Philharmonie MV tourt dazu in mehreren Gastspiel-Wellen durch die Regionen unseres Landes.
Wie schon bei der beliebten Musikserie Stadt.Land.Klassik!, die im Herbst übrigens nach anderthalb Jahren Corona-Pause ihre langersehnte Fortsetzung feiern wird, werden die Grundschulkonzerte hauptsächlich in kleineren bis mittelgroßen Gemeinden und in mitunter ungewöhnlichen Locations gegeben. So startet die erste Kinderkonzertrunde am 26. August im Historischen U in Pasewalk; weitere Termine sind der 30. August in der Mirower Johanniterkirche und der 31. August in der Aula der Grundschule von Rechlin. Bis zum 17. September 2021 sind laut Sabine Krasemann, Intendantin der Neuen Philharmonie, 29 Konzerte geplant, bis Jahresende sollen es schon derer 70 sein.
Neue Philharmonie stellt Lehrmaterial für Musikunterricht bereit
„Studien haben belegt, dass sich Musik positiv auf die Entwicklung von Kindern auswirkt. Deshalb richtet sich das Konzept des Schulkonzertprojektes ausschließlich an Grundschulkinder“, sagt Krasemann. „Wir möchten Kindern die Erfahrung eines – hoffentlich unvergesslichen – Konzertgenusses ermöglichen.“ Innerhalb von vier Jahren werde jedem Kind die Möglichkeit gegeben, vor Ort in seiner Schule oder in einer örtlichen Spielstätte, ein sinfonisches Programm zu erleben, „dass für Kinderohren geeignet ist“, so die Intendantin weiter.
Mit so populären Werken der klassischen Musik wie Sergei Sergejewitsch Prokofjews „Peter und der Wolf“, „Die Zauberflöte“ (Kinderfassung) von Wolfgang Amadeus Mozart oder dem im Jahre 1886 von Camille Saint-Saëns komponierten, ebenso klang-farbenfrohen wie stimmungsvollen „Karneval der Tiere“, welches den Reigen an Schulkonzerten in Pasewalk eröffnen wird. Zum pädagogischen Paket der Neuen Philharmonie gehört neben den eigentlichen Auftritten ein umfangreiches Lehrmaterial, das gemeinsam mit den Schulen erarbeitet und abgestimmt worden ist. „Unser pädagogisches Konzept unterstützt die Lehrkräfte bei der Vorbereitung des Konzerts im Musikunterricht“, sagt Sabine Krasemann. Dazu zählten beispielsweise eine Notenlehre oder spielerische Wissensfragen.
Neue Philharmonie MV gibt seit 2015 Kinderkonzerte in der Region
Das Land Mecklenburg-Vorpommern unterstützt die Grundschulkonzerte der Neuen Philharmonie mit jährlich 120.000 Euro. „Ein tolles Konzept“, findet auch Bildungsministerin Bettina Martin (SPD), deren Ministerium bei der Förderung federführend ist. „Das innovative Konzept der flächendeckenden Grundschulkonzerte ergänzt das Bildungsangebot in Mecklenburg-Vorpommern auf kreative Art und Weise“, so Bettina Martin. „Das Motto, jedes Kind sollte einmal im Leben ein Sinfoniekonzert gehört haben, hat auch uns überzeugt und wir freuen uns, dass wir ein solches Programm fördern können.“
Dirigent Andreas Schulz und seine Musikerinnen und Musiker 
Juri Tetzlaff, der beliebte Kika-Moderator Fotos: Frank Wilhelm
Ein Interview mit Stadt-Land-Klassik-Organisatorin Claudia Schneider von der Nordkurier-Mediengruppe können Sie hier nachlesen: „Schon nach einer Spielzeit wurde die Konzertreihe eine Herzensangelegenheit.“
Orchesterleiter Andreas Schulz und seine Musikerinnen und Musiker konnten in den vergangenen Jahren reichlich Erfahrung mit Kinder- wie auch Erwachsenenkonzerten in Mecklenburg-Vorpommern sammeln. Als Nordkurier Sinfoniker begeisterten sie im Dezember vor sechs Jahren in der Neubrandenburger Konzertkirche ihre jüngsten Fans mit der Nussknackersuite von Peter Tschaikowski. Nach der kunterbunten, von Kinderkanal-Moderator Juri Tetzlaff moderierten Show, durften die Kleinen sogar einmal selbst auf die Pauke hauen. Das war seinerzeit nicht nur eine Riesengaudi sondern auch der Auftakt von zahlreichen Konzertreihen für Kinder und Erwachsene und damit die Geburtsstunde von Stadt.Land.Klassik!.
Grundschulkonzerte im ganzen Land erfordern organisatorischen Kraftakt
Auch in den folgenden Jahren wurden die Kinderkonzerte der Neuen Philharmonie MV immer zu einem besonderen Erlebnis. Unvergessen beispielsweise 2018 der Auftritt des Orchesters in der Demminer Beermann-Arena. Sämtliche Schulkinder folgten „regelrecht gebannt der Musik des Orchesters und blieben mucksmäuschenstill, wann immer Andreas Schulz den Taktstock hob“, schrieb Reporter Georg Wagner seinerzeit in der Tageszeitung Nordkurier, die die Konzertreihe Stadt.Land.Klassik! bis heute präsentiert.
Und dennoch betrifft die Neue Philharmonie MV mit den Grundschulkonzerten nun musikpädagogisches Neuland. Alle Grundschulen des Landes binnen vier Jahren einmal zu bespielen erfordert schließlich einen organisatorischen Kraftakt. „Für uns sind die ersten Konzerte in Pasewalk oder Mirow ein Test für unsere Logistik“, sagt die Intendantin. Da sind noch offene Fragen, etwa hinsichtlich der Übernachtungen. Aktuell plane man mit zwei Konzerten pro Tag. Nach der ersten Runde im Spätsommer folgen vom 25. Oktober bis 24. November bereits die nächsten Schulkonzerte. Und zwischendurch gastiert die Neue Philharmonie MV ganze drei Mal mit Stadt.Land.Klassik! in der Region.
Text: Sirko Salka
