Haydn, Mozart, Beethoven – die drei Großen der Wiener Klassik stehen im Juni auf dem Programm von Stadt.Land.Klassik! Als Solist ist der Konzertmeister der Neuen Philharmonie Juan-Esteban Rendón (27) zu erleben. Mit ihm traf sich Sirko Salka zum Interview.
Seit diesem Jahr sind Sie Konzertmeister der Neuen Philharmonie – herzlichen Glückwunsch! Bei der anstehenden Tour werden Sie Werke von Joseph Haydn, Wolfgang Amadeus Mozart und Ludwig van Beethoven zum Besten geben. Wie bekannt sind die Wiener Meister in Ihrer Heimat?
Die klassischen Komponisten sind in Kolumbien gut bekannt – allen voran Mozart und Beethoven. Zu Ehren dieser Musiker haben Theater meines Heimatlandes schon Festivals veranstaltet, zu denen internationale Orchester und Künstler eingeladen waren. Es gibt auch kolumbianische Komponisten, die sich der sinfonischen Musik aus dem deutschsprachigen Raum verschrieben haben. Aber ja, das ist nicht die typische Musik von uns.
Über den Salsa zur Geige gefunden
Mit Lateinamerika verbindet man den Salsa. Sie sind in Bogota, der Hauptstadt Kolumbiens, geboren. Wann haben Sie die Musik für sich entdeckt?
Meine Eltern begeisterten mich früh für Musik. Vermutlich wollten sie verhindern, dass ich am Wochenende zu viel vor dem Fernseher sitze. Ich bin der einzige Künstler in meiner Familie. Das hat Vor- und Nachteile. Zum Glück haben mich meine Eltern immer unterstützt. Jedoch fehlt ihnen etwas der Zugang zur Kunst. Mit fünf Jahren begann mein Klavierunterricht – das Instrument spiele ich sehr gerne. Aber so wirklich meins war das nie. Diese Verbundenheit spürte ich e rst später bei der Geige.
Warum haben Sie sich für die Geige entschieden, war das der Wunsch Ihrer Eltern?
Indirekt schon. Ich bin über den Salsa zur Geige gekommen, obwohl das kein lateinamerikanisches Instrument ist. Mein Vater ist großer Fan des Salsas. Als ich mich mit sieben auf der Musikschule für ein sinfonisches Instrument entscheiden musste, erzählte er mir von einem seiner geliebten Salsa-Songs „Die Geige ist die Königin der Instrumente“. Ich solle das mal ausprobieren, meinte er. Das ist der Grund, warum ich heute Geiger bin.
Fürs Geige spielen lernen braucht es viel Zeit. Woher hatten Sie – und vor allem Ihre Nachbarschaft – diese Geduld?
Als Geigenlehrer weiß ich: Jeder Schüler ist anders. Auch bei mir hat es eine Weile gedauert, bis es anfing, schön zu klingen. Das ist bei der Geige nun mal so. Viele fühlen sich damit unwohl, wollen schnell Ergebnisse haben. Insofern ist das Instrument ein guter Filter, weil man rasch merkt, ob man die nötige Leidenschaft aufbringen kann. Meinen Nachbarn bin ich sehr dankbar für ihre Geduld mit mir – vor allem beim Klavierunterricht. Die haben alles mitbekommen, oft bis elf Uhr abends. Und sie haben sich nie beschwert.
Mit zwölf die erste Beethoven-Sinfonie
Wann wussten Sie, dass die Geige und die Kunst ihr Beruf werden würde?
Bereits mit zwölf habe ich die 1. Sinfonie von Beethoven gespielt. Seit dem wusste ich: Wow, das ist es. Im Alter von 14 Jahren wechselte ich auf ein Musikgymnasium, weil ich spürte, dass Talent alleine nicht mehr ausreichte und ich mehr Zeit zum Lernen brauchte. Anfangs hatte ich noch diesen Zwiespalt in mir: Ich liebte es, klassische Musik zu spielen, aber mochte sie nicht besonders. Das erzählte ich meinem Lehrer. Der lächelte und sagte: Ich gebe Dir zwei Wochen, dann hast Du Deinen iPod voller klassischer Musik. Natürlich habe ich die Wette verloren. Mit 19 hatte ich meinen ersten Bachelor gemacht – und an der UdK in Berlin dann weiterstudiert.
Seit drei Jahren sind Sie in der Neuen Philharmonie MV, seit dieser Saison spielen Sie die erste Geige. Sehen Sie sich als die rechte Hand von Chefdirigent Andreas Schulz?
Als ich 2019 das erste Projekt mit der Neuen Philharmonie gemacht habe, konnte ich sofort die tolle Atmosphäre spüren und das Potenzial des Orchesters sehen. Was wir zusammen machen, ist Kunst. Und das kann ich nur in einem Rahmen, in dem ich mich wohlfühle. Gemeinsam mit den jungen Musikern macht es mir großen Spaß. Ich engagiere mich im Orchestervorstand und freue mich über das in mich gesetzte das Vertrauen als Konzertmeister. Als Erste Geige versuche ich auch visuell, ein Vorbild im Orchester zu sein. Meine Aufgabe ist es, zusammen mit dem Dirigenten zu sein. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass wir alle zusammen mit dem Dirigenten sind.
Können Sie dem Dirigenten, wenn der einen schlechten Tag erwischt, auch mal ein Konzert retten?
Ich glaube, wir sind in der Lage, viele Stücke auch ohne Dirigenten zu spielen, vor allem aus dem klassischen Repertoire. Wussten Sie, dass es die Figur des Konzertmeisters in der Musikgeschichte schon länger gibt als die des Dirigenten?
Nee, das ist mir neu. Ich weiß, dass Sie als Konzertmeister auch bei Soloparts gefragt sind. Bei Stadt.Land.Klassik! spielen Sie im Juni also wortwörtlich die erste Geige!
Darauf freue ich mich schon sehr, weil wir bei Stadt.Land.Klassik! so ein tolles Publikum haben und weil das Programm spannend ist. Von Beethoven spielen wir die 2. Violinromanze F-Dur, ein schönes Stück mit einer Solostimme. Von Haydn, dem Vater der Sinfonien, präsentieren wir die berühmte Abschiedssinfonie.
Komplettiert wird der Abend mit der Sinfonie Nr. 40 von Mozart, die sogenannte Große g-Moll-Sinfonie. Ich finde, diese Tour ist besonders schön gestaltet. Und wenn wir am Ende den Applaus bekommen, bin ich jedes Mal sehr glücklich, weil ich beim Blick in die Gesichter der Menschen spüre, dass wir mit Stadt.Land.Klassik! etwas Wichtiges bewirkt haben.
Vielen Dank für das Gespräch!
Termine und Tickets:
12. Juni: Werleburg Malchow, 16 Uhr
Veranstaltet wird Stadt.Land.Klassik! von der Nordkurier Mediengruppe und von der Neuen Philharmonie.
13. Juni: Kulturhaus in Teterow, 19 Uhr
15. Juni: Marienkirche Ueckermünde, 19 Uhr
19. Juni: Historisches U in Pasewalk, 16 Uhr
Tickets können telefonisch reserviert werden unter der kostenlosen Rufnummer: 0800 2224030 und Tickets sind hier online erhältlich. Einen Vorverkauf vor Ort gibt es in den Tourist- bzw. Stadtinformationen in Malchow (Kirchenstraße 11), Teterow (Östliche Ringstraße 105), Ueckermünde (Ueckerstraße 96) und Pasewalk (Am Markt 12).