Mit der Konzertreihe Stadt.Land.Klassik! rief die Neue Philharmonie MV und die Nordkurier Mediengruppe 2018 ein Pilotprojekt in Mecklenburg-Vorpommern ins Leben, das die Herzen und Ohren der Menschen im flotten Takt der Musik eroberte. Organisatorin Claudia Schneider erinnert sich im Gespräch mit Hartmut Nieswandt an die Anfänge zurück – und blickt nach vorn auf die anstehende Frühlingstour.
Fast 30 Jahre lang machte sich kein großes philharmonisches Orchester auf den Weg etwa nach Malchow, Teterow oder Torgelow, um den Bewohnern klassische Klänge in ihre Städtchen zu bringen. Dann aber kam das Jahr 2018 und mit ihm die Neue Philharmonie MV, die viele kleinen Orte von Mecklenburg und Vorpommern mit Zauberflöte, Schwanensee und Schicksalssinfonie verzauberte, die Reihe „Stadt.Land.Klassik!“ war geboren.
Das hätte auch schiefgehen können, wer schon konnte wissen, ob Kleinstädter und Klassik zusammenpassen? Für die Nordkurier-Mediengruppe unterstützt Claudia Schneider diese Reihe, bei ihr laufen die Fäden dafür zusammen. Mit ihr sprach Hartmut Nieswandt über das Woher und Wohin von „Stadt.Land.Klassik!“ (SLK).
Viren gegen Virtuosen – hat Covid 19 inzwischen nicht sowohl die Künstler als auch das Publikum müde gemacht, spielt Musik in der Pandemie überhaupt noch eine Rolle?
Claudia Schneider: O ja, die Leute sind noch immer infiziert – von der Musik! Die Freude darauf hält an, sie haben Stadt.Land.Klassik! nicht vergessen. Wir erhalten immer wieder Anfragen, ob es erneut Konzerte gibt. Ich kann also sagen: Die Saat ist aufgegangen, das alles spricht für die Qualität der Idee, die wir gemeinsam mit der Neuen Philharmonie MV aus der Taufe gehoben haben.
Gibt es schon neue Konzert-Termine?
Claudia Schneider: Ja, der Auftakt für die nächste SLK-Welle ist das Konzert am 24. April in Eggesin, dann erklingen in der Martin-Luther-Kirche Kompositionen von Schubert und Beethoven. Danach gibt es Konzerte in Anklam, Pasewalk, in der Seenplatte und erstmals in Friedland. Weitere Touren sind für den Juni und den Oktober geplant.
Stadt.Land.Klassik im April – die neue Tour der Neuen Philharmonie MV:
Sonntag, 24.04 um 16 Uhr in Eggesin, Martin-Luther-Kirche
Tickets unter www.stadt-land-klassik.de
Montag, 25.04. um 19 Uhr in Friedland, Volkshaus
Dienstag, 26.04. um 19 Uhr in Waren, Bürgersaal
Mittwoch, 27.04. um 19 Uhr in Anklam, Sporthalle Südstadt
Freitag, 29.04. um 19 Uhr in Pasewalk, Historisches U
Noch mal zurück zum Anfang. Sind die Neue Philharmonie und der Nordkurier damals blauäugig in dieses doch reichlich ungewisse Projekt gestartet?
Claudia Schneider: Natürlich nicht. Im September 2017 gab es in der Anklamer Nikolaikirche ein Testkonzert. Es war auf Anhieb ausverkauft! Darum beschlossen die Geschäftsführung und Andreas Schulz gemeinsam, dieses Konzept umzusetzen. Das Eröffnungskonzert fand im Oktober 2018 im Historischen U in Pasewalk statt.
Ich erinnere mich an das erste Konzert in Malchow, das am 30. November 2018 stattfand. Ich hatte meine Bedenken – sind die Malchower mit Klassik zu knacken? Sind sie doch durch ihr Volksfest, das sogar zum Immateriellen Unesco-Weltkulturerbe zählt, auf ganz andere Art ziemlich verwöhnt…
Claudia Schneider: Die „Werleburg“, ich nenne sie gern Wohnzimmer für Stadt.Land.Klassik!, war direkt ausverkauft! Die Malchower belohnten die Künstler mit standing ovations und die Besucher versprachen: Wir kommen wieder. Und das taten sie dann zum Beispiel am 20. Februar 2019 auch.
Gibt es ein Erlebnis aus Stadt.Land.Klassik!, das Sie wahrscheinlich nie vergessen werden?
Claudia Schneider: Ja, 29. November 2018, Nikolaikirche Anklam: Sieben Grad am Dirigentenpult, die Musiker haben klamme Finger und Angst um ihre Instrumente. Knapp eine Stunde vor Konzertbeginn steht fest: Die Nikolaikirche ist trotz Armeedecken und Heizlüfter, die der Katastrophenschutz besorgte, nicht bespielbar. Glück in dieser Katastrophe ist, dass sie in Anklam droht.
Innerhalb von zehn bangen Minuten haben die Hansestädter die Käthe-Kollwitz-Schule und ihren agilen Hausmeister zur Verfügung. Ein rasanter Unzug erfolgt, alle helfen mit, ein paar Minuten später als geplant kann der Dirigent Andreas Schulz den Taktstock heben. Sogar eine Getränkebar wird zur Pause organisiert. Danke, Anklam!
Sie nannten eben den Namen des Dirigenten – Andreas Schulz. Was ist das für ein Künstler, was für ein Ensemble ist die Neue Philharmonie MV?
Claudia Schneider: Ein besonderes, ein ganz junges. Andreas Schulz ist nicht nur Dirigent, sondern auch künstlerischer Leiter und Geschäftsführer. Ein toller Künstler, er kann alles – bis hin zum Klavier transportieren. Das Orchester besteht aus zehn und mehr Nationalitäten, etliche Studenten sind dabei. Sie sind außerordentlich flexibel, schaffen sich selbst Referenzen, sehen das Ganze auch als Sprungbrett in ein großes Orchester.
Die Musiker finden sich für jede Tour wieder neu zusammen, auch entsprechend des Repertoires. Das alles macht den großen Reiz aus, das außergewöhnliche musikalische Profil von Andreas Schulz und seinen jungen Musikern zu genießen. Und ich freue mich immer wieder auf die wunderbare Zusammenarbeit mit ihnen.
Stadt.Land.Klassik! bringt Ihnen unglaublich viel Arbeit zusätzlich zu der für Sie ohnehin schon reichlich vorhandenen. Wie lange wollen Sie der Reihe, zu der auch Schulkonzerte gehören, noch die Treue halten?
Claudia Schneider: Ich bin von der Musik und der Idee, Menschen auf dem Land mit Klassik zu verzaubern, so überzeugt, dass ich Andreas Schulz und seinen Musikern gern weiterhin die Treue halte.
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Hartmut Nieswandt
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